Persönlicher Hintergrund

Narben begleiten mich schon lange. Immer wieder hat mich das Leben mit Narben konfrontiert, den Weg dorthin mit Erkenntnissen bereichert und mich die Erfahrungen erleben lassen, die es mir ermöglicht haben, blinde Flecken aufzudecken und schlussendlich dazu geführt das Liedler-Konzept ins Leben zu holen.

Wie alles begann? Mit 18 Jahren riss bei einem Reitunfall ein Teil meines Gesäßmuskels ab. Danach begann sich sukzessive die Dynamik der gesamten rechten Beinachse zu verändern. Vier Jahre später hatte ich starke Schmerzen in meinem rechten Fuß entwickelt. Eine Narbenbehandlung einer befreundeten Masseurin bewirkte Unerwartetes. Nach der zweiten oder dritten Behandlung bekam ich einen sehr intensiven Muskelkater in meinem rechten Bein, die rechte Beinachse begann sich wieder zu korrigieren und nach ein paar Wochen war war mein Fuß wieder schmerzfrei. Ich war unglaublich überrascht, dass Narben, so weit entfernt von ihrer eigentlichen Lokalität derartige Auswirkungen haben könnten und dass diese dann trotz mehrjährigem Bestehens so schnell wieder reversibel waren.

Aufgrund dieses Erlebnisses lenkte ich den Fokus in meiner Praxis stärker auf das Thema Narben, sofern sie in der Befundung und im Erstgespräch auftauchten. Das Wahrnehmen, Be-greifen und die Behandlung dieser Narben und Verklebungen brachte immer wieder unerwartete Verbesserungen auf unterschiedlichsten Ebenen, lokal und anderorts im Körper und spannende Erfolge mit sich.

Narbenbehandlung einer befreundeten Masseurin bewirkte Unerwartetes.

Meiner Überlegungen dazu sollten sich weiter vertiefen. 2013 hatte ich einen unverhofften Notkaiserschnitt. Nach der eingehaltenen und von den Ärzten empfohlenen Schonfrist entwickelte ich zum ersten Mal in meinem Leben diese gewissen gellenden, scharfen Rückenschmerzen, deren Beschreibung ich von Patienten aus der Praxis so gut kannte. Ich konnte nicht mehr auf dem Bauch schlafen, geschweige denn mein rechtes Bein in Bauchlage heranziehen, da es mir in der Hüfte und Leiste Schmerzen bereitete. Zusätzlich hatte sich mein Blasenvolumen drastisch vermindert. Nackenschmerzen, Schulterverspannungen und Kopfschmerzen waren weitere Randerscheinungen. Die Vermutung, dass diese Schmerzzustände durch das Tragen meines Neugeborenen bzw. Kleinkindes ausgelöst würden, machten ob der Tatsache, dass ich mit meinem Körper bereits durchaus anstrengendere körperliche Aktivitäten ohne dem Auftreten von Schmerzen erlebt hatte, keinen Sinn für mich.

Mit dieser Erklärung wollte ich mich nicht zufriedengeben.

Mit dieser Erklärung wollte ich mich nicht zufriedengeben. Zudem ich ja genau dort, wo die Narbe des Kaiserschnittes war, ein Gefühl der Enge hatte, das sich wie Knoten tief in meinem Bauchraum anfühlte; Spannungszüge, die vor dem Kaiserschnitt nicht vorhanden waren und die mich am Aufrichten hinderten und meine Atmung einschränkten. Ich begann meine Narbe mit all den Techniken, die ich im Zuge meiner Ausbildungen der Physiotherapie und Osteopathie gelernt hatte, zu behandeln. Das Resultat war nicht zufriedenstellend. Oberflächlich wurde die Narbe zwar schöner, aber das Gefühl tief im Bauch und die Beschwerden verbesserten sich nicht. Zusätzlich wurden ab circa einem Jahr nach dem Kaiserschnitt die Regelschmerzen jetzt von brennenden und stechenden Schmerzen im gesamten Schnittverlauf der Narbe begleitet. Ich begann neue Grifftechniken auszuprobieren und über Zug, Druck, Traktion und Scherkräfte in unterschiedlichen Richtungen quer und längs zur Narbe auszutesten, welchen Griff, welche Intensität und welche Tiefe der Gewebeschichten es brauchte, um dorthin zu gelangen, wo ich die Ursache meiner Beschwerden vermutete und fühlte. Diese konkreten, tieferen Griffe waren teilweise sehr schmerzhaft. Aber: Siehe da, es kam zu den ersten wirklichen Verbesserungen und Veränderungen!

Erste wirkliche Verbesserungen und Veränderungen!

Als ich mich über die Narbe langsam in die Tiefe der dazugehörigen Verklebungen und peritonealen Adhäsionen vorarbeitete, begannen sich sukzessive mein Rücken zu entspannen, die Schmerzen in der Leiste, der Hüfte und während der Menstruation, sowie die Verspannungen in Schulter- und Nackenbereich nachzulassen und das Verhalten meiner Blase normalisierte sich wieder. So lösten sich all die anfänglich beschriebenen Beschwerden und Symptome, die von außen betrachtet völlig unterschiedliche Ursachen haben hätten können, allein durch die kontinuierliche Behandlung der Narbe und der tiefen, peritonealen Adhäsionen und Verklebungen.

Michaela Liedler – Zentrum für postoperative Narbentherapie

Bei Narben kommt es vor allem auf die richtigen Grifftechniken und das Erreichen der richtigen Gewebegleitschicht an.

Mein Resümee war, dass es bei Narben vor allem auf die richtigen Grifftechniken und das Erreichen der richtigen Gewebegleitschicht in der Tiefe des Bauchraums ankam, ob die Techniken erfolgreich waren und sich die Narbe nachhaltig änderte. Direkte Techniken über Traktion kombiniert mit dem Einsatz von Scherkräften sowie konkrete, manuelle Mobilisationen von verklebten Gewebestrukturen mit dem Einbeziehen der umliegenden Gelenke in den Behandlungsablauf ließen den Körper richtiggehend aufatmen.

Meine eigene Erfahrung begann ich nun in der Praxis umzusetzen und die Techniken zu erweitern. Mit der Zeit entstanden weitere Variationen dieser Techniken, die ich sukzessive mit auftretenden Begleitsymptomen in Verbindung setzte und entsprechend adaptierte. Ich stellte fest, dass der Erfolg, den ich bei mir erreicht hatte, auch bei anderen Patienten eintraf. Dass durch den Fokus auf die tiefen Gleitschichten und peritonealen Adhäsionen und deren Behandlung sehr schnell auch bei meinen Patienten ähnliche Verbesserungen eintraten, begleitet von einem Gefühl der Erleichterung im gesamten Körper. Selbst unangenehme oder chronische, schmerzhafte Körpermuster, die schon über Jahre hinweg als unbehandelbar eingestuft wurden und mit denen sich die Patienten abgefunden hatten, begannen sich wieder zu verändern.

2018 war das LIEDLER-KONZEPT geboren.

Das LIEDLER-KONZEPT war geboren.

Zuallerletzt sei gesagt, dass es viel Mut seitens des Patienten aber auch des Therapeuten braucht, um Narben und peritonealen Adhäsionen zu begegnen und diese zu begreifen. Feingespür und Achtsamkeit sind ebenso unabdingbar wie eine gute Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Patient und Therapeut während der Behandlung, um mit dem Liedler-Konzept erfolgreich Narben und peritoneale Adhäsionen zu lösen und wieder in den Körper einzugliedern.

Der Körper vergisst nicht. Auch wenn wir uns nicht erinnern. Der Körper speichert alle Erfahrungen, die wir machen. Immer als Chance, sowohl das Gute als auch das weniger Gute oder Traumatische irgendwann wieder Teil des Ganzen werden zu lassen.
Hinschauen. Wahrnehmen. Be-greifen. Annehmen. Auflösen und eingliedern. Wohlfühlen.

Michaela Liedler MSc D.O.